Kartierungsbüro Hintsche GmbH

Reptilien:

Weltweit wurden bisher über 12.000 Reptilienarten beschrieben. Der Großteil der Spezies gehört dabei zu den Schuppenkriechtieren (Schlangen und Echsen), während die Gruppen Schildkröten, Krokodile und Brückenechsen zusammen nur knapp über drei Prozent der Reptilienarten stellen. In Deutschland kommen allerdings nur sehr wenige Kriechtiere, wie Reptilien auch genannte werden, vor.

Die einzige einheimische Schildkrötenart in Deutschland ist die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis). Daneben werden aber immer wieder auch ausgesetzte und verschleppte Schildkröten beobachtet, bei denen es sich hauptsächlich um nordamerikanische Arten handelt. In der Regel können diese oft viele Jahre hier überleben, sich aber nicht erfolgreich fortpflanzen.

Alle weiteren einheimischen Spezies gehören zu den Schuppenkriechtieren, die in Deutschland mit vier Familien vertreten sind. Die Westliche Blindschleiche (Anguis fragilis) ist dabei der einzige Vertreter aus der Familie der Schleichen, während von den Echten Eidechsen immerhin fünf Arten vorkommen. Die Westliche Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) und die Östliche Smaragdeidechse (Lacerta viridis) besitzen dabei nur noch wenige inselartige Vorkommen in Deutschland. Die Zauneidechse (Lacerta agilis) ist deutlich weiter verbreitet und besiedelt auch gerne Kiesgruben, Steinbrüche und Bahnflächen. Von der Mauereidechse (Podarcis muralis) sind viele Bestände auf die Aussetzung oder Verschleppung von Individuen zurückzuführen. Allgemein befindet sich die Art in Ausbreitung. Es existieren aber auch ein paar Vorkommen einheimischer Unterarten. Sehr weit verbreitet ist schließlich noch die Wald- oder Bergeidechse (Zootoca vivipara), bei der es sich um eine ovovivipare Spezies handelt, d.h. die Jungtiere durchstoßen bereits im Mutterleib oder kurz nach der Ablage die weiche Eihaut. Eine weitere Reptilienfamilie stellen die Giftnattern dar. Von ihnen kommen in Deutschland mit der Kreuzotter (Vipera berus) und der Aspisviper (Vipera aspis) nur zwei Arten vor, wobei die Aspisviper nur ein kleines Vorkommen in Baden-Württemberg besitzt. Die Echten Nattern bilden die weltweit artenreichste Schlangenfamilie. Sie sind in Deutschland mit fünf Arten vertreten, wobei mit der Gemeinen Ringelnatter (Natrix natrix), der Barren-Ringelnatter (Natrix helvetica) und der Würfelnatter (Natrix tessellata) gleich drei zur Gattung der Europäischen Wassernattern gehören. Wie es der Gattungsname verrät, sind diese Schlangenarten vor allem in Gewässernähe zu finden. Die zu den Europäischen Kletternattern gehörende Äskulapnatter (Zamenis longissimus) gehört mit einer Länge von bis zu zwei Metern zu den größten europäischen Schlangenarten. In Bayern kommt sie an den Donauleiten bei Passau vor. Weiter gibt es Nachweise im Umgriff der Flüsse Salzach, Inn und Ilz. Die Schling- oder Glattnatter (Coronella austriaca) ist die einzige Spezies der Glattnattern in Deutschland. Da sie sich neben Mäusen auch von Eidechsen ernährt, ist sie oft in Lebensräumen der Zauneidechse, teilweise auch in Habitaten von Mauer- und Waldeidechse zu finden.

Kreuzotter (links)
und
Schlingnatter (rechts)

Gefährdung und Kartierungsmethoden:

Die meisten Reptilienarten in Deutschland sind mit Bestandrückgängen konfrontiert. Zwar befindet sich die Mauereidechse allgemein in Ausbreitung, doch handelt es sich dabei hauptsächlich um ausgesetzte und verschleppte Vorkommen. Die einheimischen Unterarten sind hingegen teilweise bedroht und werden auf der Roten Liste Bayern in Kategorie 1 (Vom Aussterben bedroht) eingeordnet. Die Rote Liste Deutschland listet die Arten Europäische Sumpfschildkröte, Östliche Smaragdeidechse, Aspisviper und Würfelnatter in Kategorie 1 (Vom Aussterben bedroht), Westliche Smaragdeidechse, Kreuzotter und Äskulapnatter in Kategorie 2 (Stark gefährdet). Die Schlingnatter und der Artkomplex Ringelnatter werden in Kategorie 3 (Gefährdet) geführt, während Zauneidechse, Mauer- und Waldeidechse auf der Vorwarnliste (Potenziell gefährdet) stehen. Nur die Blindschleicht gilt als nicht gefährdet. Auf der Roten Liste Bayern werden Zauneidechse und Waldeidechse in Kategorie 3 (Gefährdet) eingeordnet. Einigen der Reptilienarten kommt daher ein besonderer Schutzstatus zu. So ist die Europäische Sumpfschildkröte in den Anhängen II und IV der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) gelistet und daher gemeinschaftsrechtlich geschützt. Schlingnatter, Äskulapnatter, Würfelnatter, Mauereidechse, Zauneidechse sowie die beiden Smaragdeidechsenarten sind ebenfalls in Anhang IV der FFH-RL gelistet. Dementsprechend sind diese Arten auch oft Gegenstand vor faunistischen Kartierungen und Monitorings. Weil vor allem Schlangen schwierig nachzuweisen sind, werden dabei gerne künstliche Verstecke ausgelegt. Dabei handelt es sich oft um Stücke aus Dachpappe, dunkle Kunststoffplatten oder aber auch Dachziegel. Die ausgebrachten Verstecke erwärmen sich schnell und halten die Wärme auch gut, wodurch sie attraktive Unterschlupfmöglichkeiten für Reptilien bieten. Dicke Handschuhe oder Hilfsmittel wie ein Schlangenhaken können vor Bissverletzungen schützen.

Als Schutzmaßnahmen werden an Baustellen und Straßen gerne Reptilienschutzzäune aufgestellt, um das Kollisionsrisiko niedrig zu halten. Manchmal sind auch Umsiedlungen notwendig. Dabei werden sowohl Handfänge durchgeführt als auch Becher- oder Eimerfallen entlang von Reptilienschutzzäunen eingegraben, die dann regelmäßig kontrolliert und geleert werden, damit Reptilien und andere Kleintiere in den Fallen nicht zu Tode kommen. Als Ersatzhabitate eignen sich sogenannte Eidechsenburgen aus Steinen und Totholz, die Sonnenplätze und Versteckmöglichkeiten bieten. Bei ausreichender Tiefe und geeigneter Steingröße ist dort auch eine Überwinterung möglich. Zur Eiablage werden gerne Sandlinsen angelegt. Mehr Informationen zu dem Thema bietet die Arbeiteshilfe zur Zauneidechse des Bayerischen Landesamts für Umwelt.

Um die Vorkommen von Reptilien,
vor allem von Schlangen,
besser nachweisen zu können,
werden oft künstliche Verstecke
(z.B. aus Dachpappe) ausgelegt,
die sich schnell erwärmen und so attraktive Rückzugsorte für
Reptilien darstellen.
Bei Reptilienkartierungen werden
diese dann, wie auch natürliche Verstecke aus Holz und Stein auf darunter ruhende Reptilien geprüft.

 

® Stefan Hintsche 2025